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Das belagerte Mainz und die Nachwirkungen

Während es in dem nun von Deutschen besetzten Umland zur ersten, recht willkürlichen Verfolgung von "Klubisten" kam, hatte die Stadt Mainz eine viermonatige Belagerung zu erdulden. Dabei standen den ca. 23 000 Franzosen in der Festung etwa doppelt soviel Preußen, Österreicher, Sachsen , Bayern und andere Reichstruppen gegenüber. Lange wurde die Stadt nicht angegriffen, sondern von den Alliierten nur blockiert; in diesen Wochen machten die Belagerten zahlreiche Ausfälle, von denen jener auf das preußische Hauptquartier in Marienborn (30./31.5.1793) der spektakulärste war. In der belagerten Stadt bestimmte nun der aus französischen Militärs und Kommissaren gebildete Kriegsrat das Geschehen. Die im Februar/März 1793 (neu-)gebildeten "revolutionären" Zivil-Behörden nutzten ihren äußerst geringen politischen Spielraum sehr unterschiedlich: während die im Februar gewählte Munizipalität unter Macké einen pragmatischen Kurs fahren und die Belagerung möglichst rasch beenden wollte, vertrat die vom Konvent am 31.3. eingesetzte Allgemeine Administration unter Hofmann eine harte Linie gegenüber jeder Opposition und wollte Mainz um jeden Preis halten.

Ende Juni 1793 begann die preußische Artillerie mit einem massiven Bombardement, das vor allem im Stadtzentrum um den Dom schwere Schäden anrichtete, unter der Zivilbevölkerung aber kaum Opfer forderte (höchstens 17). Dagegen mussten bei den Kämpfen im Vorfeld der Festung etwa 5000 Soldaten ihr Leben lassen; davon waren ca. 2000 Franzosen und 3000 Deutsche. Als Mitte Juli die Munitions- und Lebensmittelvorräte knapp wurden und der erwartete französische Entsatzversuch aus dem Elsass nicht zustande kam, begann der französische Festungskommandant Ignace d'Oyré Kapitulationsverhandlungen mit den Preußen.

Am 23.7.1793 wurde Mainz dann an den preußischen König Friedrich Wilhelm II. übergeben: Während die Franzosen freien Abzug erhielten, war dieser für die "Klubisten" nicht gesichert; einige konnten mit den Franzosen entkommen, die meisten gerieten jedoch (oft nach Lynchversuchen aufgebrachter Mainzer) in preußische Gefangenschaft und kamen auf die Festungen Königstein/Taunus und Ehrenbreitstein bei Koblenz (von dort Anfang 1794 auf den Petersberg bei Erfurt). Anfang 1795 erhielten sie - nachdem Frankreich Gegengeiseln hatte ziehen lassen - alle die Freiheit. Jetzt schlossen sich die meisten von ihnen den immer wieder an den Rhein vorstoßenden französischen Truppen an und übten hinter deren Aufmarsch teils zivile, teils militärische Funktionen im Besatzungsgebiet aus.

Als dann das linke Rheinufer an Frankreich angeschlossen wurde (1797/98) gehörten die zurückgekehrten Mainzer Jakobiner natürlich zum politisch-administrativen Führungspersonal des neuen Départements Donnersberg (in etwa identisch mit dem Regierungsbezirk Rheinhessen-Pfalz). Sie blieben dies auch unter Napoleon, ja, selbst unter den neuen hessischen und bayerischen Landesherrn, die das Gebiet 1815/16 in Besitz nahmen. Dabei wandelten sich die meisten der 1792/93 recht radikalen Jakobiner zu verlässlichen Stützen ihrer neuen Herren, legten aber stets Wert darauf, dass diese die "französischen Institutionen", d.h. die auf dem linken Rheinufer seit 1798 eingeführten revolutionären Rechtsverhältnisse (Gleichheit vor dem Gesetz, Zivilehe, Schwurgerichtsbarkeit, Öffentlichkeit der Prozesse ) beibehielten. Auf diese Weise bewahrten sie die "essentials" des revolutionär-demokratischen Gedankenguts und brachten es in die liberale Bewegung des Vormärz ein, der in Rheinhessen und der Pfalz auch von persönlich-familiären Kontinuitäten "von Mainz nach Hambach" gekennzeichnet war. Zugleich machte sich hier in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts bemerkbar, dass der südliche Teil des linken Rheinufers schon in der Mainzer Republik auf breiter Ebene politisiert worden war.

 
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